KÖLNER STADTANZEIGER 16.NOVEMBER 2004
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Aus der Wiener Schatztruhe

Die „Tage Alter Musik" in Herne endeten mit der gelungenen konzertanten Aufführung einer unbekannten Fux-Oper.

VON MARKUS SCHWERING

Musikexperten kennen Johann Joseph Fux als Verfasser des Kontrapunkt-Lehrbuchs „Gradus ad parnassum", das noch Mozart in seinen Unterrichtsstunden benutzte. Wer Lehrhaftes über Musik schreibt, wird - so könnte man meinen - als Verfasser von ebensolcher wenig taugen. Das mag oft zutreffen, im Falle Fux tut es dies nicht. Seine Bedeutung als repräsentativer Wiener Barock-komponist am Beginn des 18. Jahrhunderts konnte jetzt - im Abschlusskonzert der „Tage Alter Musik" in Herne – das Ensemble „Ars Antiqua Austria" mit der konzertanten Darbietung der Oper „Julo Ascanio, Re d'Alba" (1708 in der Wiener Hofburg uraufgeführt) im Kulturzentrum Herne eindrucksvoll unter Beweis stellen.
Der Stoff, der in historisch-mythologischer Verschiebung den Spanischen Erbfolgekrieg aus Habsburger Sicht behandelt, braucht hier nicht weiter zu interessieren (Mozart sollte die Titelfigur dann ins Zentrum seiner Jugendoper „Ascanio in Alba" stellen). Die Musik aber auf jeden Fall: Wenn diese Oper das Niveau der - weithin unbekannten - damaligen Wiener Durchschnittsproduktion repräsentiert, dann steht die Erschließung einer Schatzkammer bevor.


Wahrer Zauberer

Die Oper kommt ohne Chöre aus und besteht in der Hauptsache aus dem zeitüblichen Gänsemarsch von Rezitativen und Arien - dies ein Schema, das manch einen Hörer bereits im Vorfeld entsagungsvoll stimmen mag. Indes: Was Fux aus dem engen Korsett macht, das erstaunt ob seiner innovativen Kraft und Energie, seines formalen, stilistischen und gestischen Einfallsreichtums. Allein die Dramaturgie der Instrumentalfarben im Orchester bis hin zum Einsatz der beiden Chalumeaux (der Klarinetten-Vorläufer) lässt Fux als wahren Zauberer erscheinen, der immerzu neue Kaninchen aus seinem Hut holt.
Gunar Letzbor leitete die von ihm erst 1995 gegründete und so temperamentvoll wie konzentriert aufspielende Crew „von der Violine aus", die er bei der Arienbegleitung im Vivaldi-Stil auch virtuos einzusetzen wusste. Bei den Sängern überzeugte vor allem der „Sopranist" (ein wahrlich rar besetztes Fach) Radu Marian durch glänzende klare Höhe. Ein großer Vorzug der Aufführung: Letzbor und seine Mannen neigen nicht dazu - wie die Pioniere der Alte-Musik-Bewegung -, Phrasen artikulatorisch zu zerhacken. So kamen auch die Lyrismen der Partitur zu ihrem Recht. Kurzum: ein gelungener Ausklang der diesjährigen Tage Alter Musik
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theater pur, Nov 2004

Herne: "Tage Alter Musik"
Johann Joseph Fux: "Julo Ascanio. Re d’Alba"

Die 29. „Tage Alter Musik“, in Zusammenarbeit mit dem Westdeutschen Rundfunk, brachten vom 11. -14. November wieder viel interesssantes und seltenes zu Gehör. Eine absolute Rarität wurde am 14.11. im Kulturzentrum halbszenisch aufgeführt und live im WDR3 übertragen. Die Oper „Julo Ascanio, Re d'Alba“, des steirischen Musikers und späteren Hofkomponisten des Habsburgers Leopold I, Johann Joseph FUX (1860-1741).
Dieses einaktige Werk ist eine „Allegorie auf den Spanischen Erbfolgekrieg“, adaptiert in freier Form verschiedene Legenden qer Antike, bezogen auf das aktuelle politische Geschehen und verbrämt es auch mit einer Liebesgeschichte (Emilla, die Schwester des Fürsten von Arkadien im Zwiespalt zwischen Pflicht und Neigung). Unter der Leitung des Soloviolinisten Gunar Letzbor spielte die Ars Antiqua Austria, ein Ensemble von ungefähr 20 Musikerinnen und Musikern das auf Originalinstrumenten spielt, eine strenge, vielfach beschwingte Musik in dem vermischten Stil, den Fux bevorzugte und der sich insbesondere in der viersätzigen Ouvertüre mit ihren französischen und italienischen Elementen auffällig bemerkbar macht.
Die Arien sind in der zeitüblichen Dacapo-Form. Bei den Sängern des Abends beeindruckte besonders der Sopranist Radu Marian in der Rolle der Emilia. Eine sehr warme Sopranstimme, ausgeglichen in allen Lagen. [...]
Herzlicher Beifall der Besucher, die gekommen waren und dieses rare Werk ambitioniert aufgeführt erleben konnten.
Udo-Gustaf Kleff
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Nmz – neue Musikzeitung, Dez 2004 / Seite 37

Aus:
Neue Farben und Brücken in die Gegenwart
Die 29. "Tage alter Musik in Herne" warteten mit interessanten Konzerten und einem Symposium auf

[...] Als musikalischer Höhepunkt der „Tage alter Musik in Herne“ erwies sich jedoch das letzte Konzert mit dem glänzend aufgelegten Ensemble "Ars Antiqua Austria" unter Gunar Letzbor. Sie nahmen sich der Huldigungsoper "Julo Ascanio, Re d'Alba“ von Johann Joseph Fux an. An der Spitze der exzellenten Interpretenriege Radu Marian, der einzige Sänger der Gegenwart mit einer natürlichen Sopranstimme.
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Ruhr Nachrichten Dortmund, Rubrik Kultur, vom 16.11.2004

Aus:
Männer mit Frauenstimmen
Konzert: Spannender Abschluss der "Tage Alter Musik in Herne"

[...]
Auch die konzertante Aufführung der Oper „Julo Ascanio“ von Johann Joseph Fux hatte ihre vokale Sensation - durch die Mitwirkung des männlichen Soprans Radu Marian. Der 27-jährige Moldawier mochte mit seinem keuschen Madonnenhlick und vom Tonumfang mit einer Frauenstimme mithalten. [...]
Das wohl Spannendste an der knapp zweistündigen Fux-Oper aber war die farben- und abwechslungsreiche Instrumentierung und deren Realisierung durch Mitglieder des Ensembles Ars Antiqua Austria unter Leitung seines ersten Geigers Gunar Letzbor. [...]
Klaus Stübler
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