OÖ NACHRICHTEN vom 22.11.2007
_______________________________

Adeliger Tonschöpfer


Es sind oft die eigentümlichsten Umstände, die die seltsamsten Blüten treiben, die dann trotz ihrer Einzigartigkeit oder vielleicht gerade deswegen wieder in Vergessenheit geraten. Aus dieser hat am Dienstag Gunar Letzbor mit seinem Ensemble Ars Antiqua Austria die Musik von Wenzel Ludwig Edler von Radolt gerissen und damit einen dreiteiligen Brucknerhaus-Zyklus mit alter Musik aus Österreich eröffnet.

Radolt fand schon früh seine Liebe zur Musik und war nicht nur angesehener Lautenist, sondern auch ein handwerklich überraschend gewandter Komponist, der allerdings nur ein einziges Werk veröffentlichen ließ.

1701 wurde seine Sammlung von Konzerten, Symphonien, Toccaten, Capricci und anderer „Spezereien“ in Wien gedruckt und dürfte wohl seit dieser Zeit nicht mehr erklungen sein. Das Besondere ist die Verwendung mehrerer, im d-Moll-Konzert sogar von drei Lauten gleichzeitig.

Dazu kommt eine fast manierierte Spielerei mit dem Überlagern scheinbar nicht zusammenpassender Melodien und Rhythmen. Im VI. Konzert spielt die Flöte unablässig eine Melodie, über die sich die Violine mit gänzlich unterschiedlichen Tanzsätzen der Zeit darüberlegt. Aber auch das Nachahmen in Form des Kanons hat der adelige Tonschöpfer perfekt verstanden, wie auch das Spiel mit den feinen Nuancen musikalischer Charaktere.

Und so war in den an diesem Abend vorgestellten Stücken tatsächlich „so wohl Fröhlicher als Trauriger Humor“ zu finden, der die „Innersten Gemuets Regungen“ nur so bediente. Das allerdings auch aufgrund der unglaublich musikantischen Umsetzung durch Ars Antiqua Austria.


Mit Hubert Hoffmann, Sven Schwannberger und Klaus Köb standen drei hervorragende Lautenisten auf der Bühne, die nicht nur kunstfertig in die Fülle der Saiten zu greifen verstanden, sondern auch eine ganz spezifisch österreichische Klangkultur wieder zum Leben erweckten.

Vergangene Klangwelten

Der Abend bot nicht nur die Wiederentdeckung des adeligen Komponisten Freiherr von Radolt, sondern auch das Eintauchen in vergangene Klangwelten. Zum Abschluss spielte Gunar Letzbor hinreißend die virtuose Ciacona in C von Antonio Bertali, der im dritten und letzten Konzert der Serie im Zentrum stehen wird. Viel Applaus.

Michael Wruss

Download : Word, PDF