OÖNachrichten, 22.04.2009

KONZERT: Großartige Interpretationen des Ensembles „Ars Antiqua Austria“ im Linzer Brucknerhaus

Unter dem Staub liegen Schätze verborgen

Alte Musik: "Ars Antiqua Austria", Linzer Brucknerhaus, 20. 4.
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Neue Alte Musik! Ein Ding der Unmöglichkeit? Nein, man braucht nur in den Archiven, Klosterbibliotheken und sonstigen Musiksammlungen den Staub zur Seite schieben, und mit ein wenig Glück verbergen sich darunter wahre Schätze. So auch jene zehn Concerti, die Gunar Letzbor am Montag mit seinem Ensemble Ars Antiqua Austria im Brucknerhaus aufgeführt hat. Diesmal war der Fundort Kremsmünster, allerdings Wirft diese Handschrift Fragen auf. Denn die später bekundete Autorenschaft Charles Moutons ist zweifelhaft. Einerseits war jener Mouton Lautenist, der außer für sein Instrument keine Werke geschrieben haben dürfte, andererseits passen die Concerti weder stilistisch nach Frankreich noch in die Lebenszeit von Mouton. Um einen Vergleich zu haben, interpretierte Hubert Hoffmann fünf der Lautenstücke des echten Mouton, die ganz im Gegensatz zu den virtuosen, teilweise exaltierten Concerti eine intime Sprache sprechen und sich damit balsamgleich an die Seele schmiegen. Ars Antiqua Austria hat sich mit Begeisterung den alten Novitäten gewidmet und diese zur Freude des Publikums nach wahrscheinlich rund 300 Jahren großartig neu interpretiert. (wruss)

 

„KRONE“-Kritik
VON BALDUIN SULZER

"Alte Musik"-Serie im Linzer Brucknerhaus: Gunar Letzbors Meisterensemble "Ars Antiqua Austria" stellte sich mit Kompositionen des 17. Jahrhunderts aus dem Stift Kremsmünster vor. Zehn "Concerti" für fünf Streicher und Continuo, die unter dem Namen "Sign. Mouthon" registriert sind: musikantisch, tänzerisch, spritzig und fetzig gearbeitete Piecen, die in ihren oft aphoristisch kurzen Formen aberwitzige Virtuosität mit unterhaltsam geräuschhafter Klangentwicklung anbieten. Im krassen Gegensatz, dazu stand die zermürbend sanfte Lautenmusik des Franzosen Charles Mouton (1628 - 1692).

 

Volksblatt  / KULTUR vom 22.04.2009:

300-jährige Musik aus Stiftsarchiv: unverstaubt

Bescheiden nahm sich am Montag im Linzer Brucknerhaus der Liebhaberkreis für Alte Musik aus, dem Barockmusikspezialist Gunar Letzbor zum Finale seines dortigen Zyklusses unaufgeführte Werke des unbekannten Komponisten "Sing. Mouthon" vorstellte. Wolfgang FürIinger hat die Noten der zehn mehrsätzigen Concerti im Archiv des Stiftes Kremsmünster entdeckt. Es handelt sich um virtuose Stücke im italienischen, an Händel erinnernden Stil, was jedoch keine Aufklärung über den französisch klingenden Namen ihres vermutlich österreichischen Autors brachte. Keineswegs ist Mouthon ident mit dem Pariser Lautenvirtuosen CharIes Mouton (1626-99), was dessen schmucklosere Musik, vom bravourösen Hubert Hoffmann aus Letzbors Team vorgetragen, auch beweisen konnte. Das Rätsel um Herrn Mouthon könnte also nur ein Zufall lösen. Vom Publikum, das von Letzbor zur Lösung eingeladen wurde, kamen keine Hinweise. Es durfte unbekümmert das Ars-Antiqua-Ensemble, das sich dem österreichischen Barock verschrieben hat, mit seiner unvergleichlichen Musizierart in punkto Transparenz und Artikulation zwei Stunden lang bei einem spannenden Experiment genießen. Auf die Fortsetzung von Letzbors Reihe in der nächsten Saison darf man sich jetzt schon freuen.      
Georgina Szeless