REVIEW: AMANDUS IVANSCHIZ: Chamber music at the abbey of Lambach


Pizzicato, 02.11.2022 - Gunar Letzbor lässt seine Musik spontan akzentreich und phantasievoll mit einer schön pulsierenden Dynamik musizieren, um den ganzen Reichtum der Partituren sowie ihre oft ungewöhnlichen Wendungen hörbar werden zu lassen.
DrehPunkt Kultur, 20.06.2023 - Durchaus reizvolles Musik-Neuland 

 



https://www.pizzicato.lu/musik-eines-jungen-monchs/

Musik eines jungen Mönchs

02.11.2022. Rezension von Remy Franck

Der österreichische Komponist Amandus Ivanschiz (1727-1758) wurde schon im Alter von 15 Jahren in den Paulanerorden aufgenommen. Er studierte Musik und auch am Seminar. 1750 wurde er zum Priester geweiht, verbrachte einige Zeit in Rom und starb mit nur 31 Jahren. Trotzdem umfasst sein Werk etwa 20 Sinfonien, 15 Streichtrios, Sonaten und Concertinos, 17 Messen, Litaneien, Kantaten und weitere Vokalwerke.

Im Begleittext zu dieser CD heißt es: « Sein moderner Stil und seine große kompositorische Meisterschaft erklären wahrscheinlich die weite Verbreitung seiner Musik. Ivanschiz könnte daher auch als Vorbild für die Entwicklung des jungen Mozart gedient haben. »

Die Interpretationen von Ars Antiqua Austria zeugen von der Qualität der Kompositionen von Amadus Ivanschiz, und Gunar Letzbor lässt seine Musik spontan akzentreich und phantasievoll mit einer schön pulsierenden Dynamik musizieren, um den ganzen Reichtum der Partituren sowie ihre oft ungewöhnlichen Wendungen hörbar werden zu lassen.

The Austrian composer Amandus Ivanschiz (1727-1758) was accepted into the Pauline Order at the age of 15. He studied music and also at the seminary. In 1750 he was ordained a priest, spent some time in Rome and died at the age of only 31. Nevertheless, his output includes some 20 symphonies, 15 string trios, sonatas and concertinos, 17 masses, litanies, cantatas and other vocal works.

The accompanying text to this CD states, « His modern style and great compositional mastery probably explain the wide dissemination of his music. Ivanschiz may therefore also have served as a model for the development of the young Mozart. » Ars Antiqua Austria’s interpretations testify to the quality of Amadus Ivanschiz’s compositions, and Gunar Letzbor allows his music to be spontaneously accented and imaginatively played with beautifully pulsating dynamics to make all the richness of the scores as well as their often unusual twists and turns audible.

TOP


http://www.drehpunktkultur.at/index.php/musik/cd-kritiken/16959-ausgepraegte-liebe-zum-menuett

Ausgeprägte Liebe zum Menuett

20/06/23 Lange brauchte man in Klosterbibliotheken im Donauraum, in Tschechien, Mähren und der Slowakei nicht zu suchen nach Musik von Amandus Ivanschiz. Freilich sucht heutzutage keiner mehr – außer dem immer neugierigen Geiger Gunar Letzbor, der einige Stücke des komponierenden Paulinermönchs in Lambach ausgegraben hat.
Von Reinhard Kriechbaum

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts muss dieser komponierende Paulinermönch in Musikerkreisen gut bekannt und auch geschätzt gewesen sein, dafür sprechen gut dreihundert Werkabschriften. Rund hundert Werke von Amandus Ivanschiz sind erhalten, Kirchenmusik vor allem, aber auch 22 Sinfonien und allerlei Kammermusik. Gunar Letzbor lugt immer nach Trouvaillen, wenn er in Klöstern seiner oberösterreichischen Heimat unterwegs ist. Im Stift Lambach ist er auf einige Werke von Amandus Ivanschiz gestoßen. Ob die nun Divertimento, Sinfonia, Concertino oder Sonata heißen – es sind frühklassische Stücke, absolut auf der Höhe ihrer Zeit, einprägsam in der melodischen Erfindung, dem Höreindruck nach dankbar für die Ausführenden. Was will man mehr?
Amandus ist der Ordensname, eigentlich hieß der Mönch und Komponist mit Vornamen Matthias Leopold. Am Heiligabend 1727 ist er in Wiener Neustadt getauft worden, er war also fünf Jahre älter als Joseph Haydn, an den man bei Ivanschiz' Musik nicht zu Unrecht spontan denkt. Er war burgenländisch-kroatischer Abstammung. Die Musikausbildung hat der junge Mann vermutlich bei den Wiener Neustädter Zisterziensern erhalten. In deren Archiv finden sich Kompositionen von Wagenseil, Vanhal, und dem Stephansdom-Kapellmeister Georg Reutter – damit ist das stilistische Umfeld auch der Kompositionen von Amandus Ivanschiz abgesteckt.
Als Fünfzehnjähriger ist er in den Paulinerorden eingetreten, 1750, als 23jähriger, wurde er zum Priester geweiht. Er lebte dann ein Gutteil seines weiteren Lebens im Kloster Maria Trost bei Graz, mit einer Unterbrechung zwischen 1751 und 1754, da hatte ihn sein Orden als Sekretär nach Rom entsandt. 1758, erst 31jährig, ist Ivanschiz gestorben. Die Quellenlage ist nicht gut, denn die österreichischen Niederlassungen des Paulinerordens wurden 1786 Opfer der Josephinischen Klosteraufhebungen.
Warum gerade Amandus Ivanschiz und Lambach? Vier Mal war er dort – nicht ungewöhnlich, denn das oberösterreichische Kloster war nicht nur für reisende Mönche ein Übernachtungsort auf der Route zwischen Wien und München. Stichwort Mozarts Lambacher Sinfonie. In Stift Lambach mit seinem reizenden barocken Kloster-Theater waren Künstler gern gesehen, man war dort kunstsinnig. Das brausende Allegro assai, mit dem die Sinfonia ex G anhebt, ist dort sicherlich mit aufmerksamen Ohren rezipiert worden. Zum Streichquartett kommen da noch zwei Hörner. Sonst hat Gunar Letztbor mit seinem Ensemble Streicherstücke ausgewählt, Trio-Besetzungen vor zwei Violinen oder Violine und Viola mit Bass. Oder eben Quartettbesetzung.
Auffallend: Der um melodische Einfälle wohl nie verlegene Amandus Ivanschiz scheint eine besondere Affinität zum Menuett gehabt haben. Trio und Menuett sind umfänglicher als die sie umgebenden Sätze, in der Sonata a 3 in B mit über sechs Minuten sogar deutlich länger als die beiden Rahmensätze zusammen. Der Wirkung dieser trotzdem nicht geschwätzig anmutenden Menuett-Sätze helfen Letzbor und die Ars Antiqua Austria mit kräftigen dynamischen Kontrasten nach. Durchaus reizvolles Musik-Neuland also.

TOP