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REVIEW

The 58th Record Academy Awards (JAPAN) JAN 2021 - early music section - from Record Geijutsu magazine
TOCCATA 05-06.20 - CD des Monats: ... Ein beseelter Mutmacher in bewegten Zeiten! ...
MUSIK AN SICH - Überflieger: ... Ein enormes dynamisches Spektrum verräumlicht die Musik gleich von Anfang an, suggeriert unterirdische Tiefen und himmlische Weiten. ...
CRESCENDO 03.20 - Joker Crescendo Absolu: ...Celle que Letzbor propose aujourd’hui est sans doute l’une des plus séduisantes, par la qualité de la sensibilité, l’engagement en relance permanente, la beauté du jeu violonistique, enthousiasmante, la diversité des climats et la souplesse d’archet confondante qui illumine chaque page, même la plus intense sur le plan de l’émotion, d’une lumière infinie...
KLASSIK.COM 05.01.2014 - Empfohlen von Klassik.com: Die zweite Version von Bibers gewaltigem Sonatenwerk, von Gunar Letzbor und Ars Antiqua Austria auf höchstem interpretatorischen Niveau gespielt, reif, reflektiert und gerundet.
PIZZICATO 03.20 - Supersonic: ...Selten oder gar nicht habe ich dieses Werk mit so viel Leichtigkeit und Eleganz gehört...
BR-KLASSIK 15.03.20 - ...Er [G.Letzbor] scheut sich nicht, Bibers Klanggemälde ungeschönt auszuleuchten...
Ö1 10.04.20 - ... Es ist barock, meine Damen und Herren, kein Tralala, und hier stirbt und aufersteht Jesus Christus!..
SWR2 05.03.20 - ... Hoch expressiv nähern sich Solist und Ensemble diesem Repertoire, das für jeden Geiger eine große Herausforderung darstellt...

 

The 58th Record Academy Awards (JAPAN)
JAN 2021 - early music section - from Record Geijutsu magazine

Die Kraft des Gebets, welche schon in der Musik von damals war und bis in die heutige Zeit reicht
The power of prayer which was already in the music of yesteryear and extends to the present day

[...] Weit jenseits der Spieltechnik erklingt eine selten erreichte Dimension einer Musik des Gebets! [...]
[...] Far beyond the playing technique, a seldom reached dimension of music of prayer sounds! [...]



TOCCATA Mai/Juni 2020 – CD des Monats


Gunar Letzbor & Ars Antiqua Austria –
zweite Aufnahme von Bibers Rosenkranzsonaten

Gunar Letzbor gilt nachweislich als der Barockgeiger, der sich am intensivsten mit den anspruchsvollen und vielfältigen Kompositionen von Heinrich Ignaz Franz Biber beschäftigt hat. Davon zeugen seine zahlreichen Biber-Aufnahmen, die er mit seinen Musikerfreunden von Ars Antiqua Austria bei den Labels Arcana, Challenge Classics und Pan Classics aufgenommen hat. Auch bei Live-Konzerten des Barockensembles sind Kompositionen von Biber häufig vertreten, was quasi zu einem Markenzeichen geworden ist.

1996 entstand für Arcana Gunar Letzbors beispielgebende Einspielung von Bibers „Rosenkranzsonaten“, einem Zyklus von 15 Sonaten für Violine und Basso continuo mit einer abschließenden Passagalia für Violine solo. Fast ein Vierteljahrhundert später ist es ihm ein persönliches Anliegen, uns mit seiner heutigen Sicht dieser herausragenden Werke vertraut zu machen; besser gesagt: zu beglücken.

Der böhmische Violinvirtuose Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704) zählt neben Johann Heinrich Schmelzer zu den bedeutendsten mitteleuropäischen Komponisten des 17. Jahrhunderts und trat 1670 in die Dienste des Salzburger Erzbischofs Max Gandolf von Kuenburg. Vermutlich für dessen Privatgebrauch schuf er seine “Rosenkranzsonaten”, eher Meditationen als Illustrationen über die Ereignisse (Mysterien) im Leben der Jungfrau Maria und - der Struktur des katholischen Rosenkranzgebetes folgend - in 3 mal 5 Sonaten untergliedert.

Es exisiert keine gedruckte Fassung, aber das handschrifltiche Original liegt in der Bayerischen Staatsbibliothek München und weist etliche Besonderheiten auf: Biber notierte so, als sei die Violine normal gestimmt, gab aber für jede Sonate eine andere Skordatur (das Umstimmen einzelner Saiten) vor, um besondere Klangeffekte und individuelle Stimmungen zu erzielen. Nur die erste und letzte Sonate erklingen in der “normalen” Quintstimmung der Violine; dazwischen entfernt sich die Stimmung auf abenteuerliche Weise immer mehr von der Ausgangsstimmung und kehrt schließlich zu dieser zurück. So entsteht eine kreisförmige Musikdramaturgie, die den Hörer Anteil haben lässt an den neutestamentarischen “Ereignisssen”: Maria Empfängnis, Geburt, Leiden und Tod ihres Sohnes Jesu Christi, Auferstehung und Himmelfahrt.

Gunar Letzbors zweite Aufnahme der “Rosenkranzsonaten” lässt keinen Zweifel aufkommen, dass seine in knapp 25 Jahren gesammelten Erfahrungen als Mensch und Musiker in diese Einspielung kreativ eingeflossen sind. Seine virtuose und sehr innige Darstellung ist deutlich expressiver als in der ersten Aufnahme, auch kommt dem religiösen Hintergrund mehr Bedeutung zu, was sich in der erhabenen Stimmung der ruhigeren Stücke ausdrückt, oft mit in langsameren Tempi als früher. Dabei unterstützt ihn die exquisite Continuo-Gruppe von Ars Antiqua Austria und in drei Sonaten das Salzburger Lauten Continuo, bestehend aus Hubert Hoffmann, Lee Santana und Daniel Oman.
Diese Neuaufnahme der Meditationen über die “Geheimnisse des Freudenreichen, Schmerzhaften und Glorreichen Rosenkranzes” wirkt wie von allen Konventionen befreit, lebensbejahend, virtuos und anrührend.

Ein beseelter Mutmacher in bewegten Zeiten!

Wolfgang Reihing

Heinrich Ignaz Franz Biber: Rosenkranzsonaten. Gunar Letzbor, Ars Antiqua Austria. PAN CLASSICS, PC 10409. Aufnahme: Mai 2019. © 2020 (2 CD).

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https://www.musikansich.de/review.php?id=20986

BAROCKE EXERZITIEN FÜR DEN KLANGKÖRPER DER SEELE

Wie der Barock-Geiger Gunar Letzbor sich im Beiheft zu seiner nunmehr zweiten Einspielung der "Rosenkranz- Mysterien-Sonaten" von Heinrich Ignaz Franz Biber äußert, bekommt man gleich Lust auf die Musik. Wenn er sich engagiert über Details der Continuo-Besetzung und die Gestaltung der Verzierungen, über die verschiedenen Stimmungssysteme, über seinen Glauben und den optimalen Hör-Ort vor den Boxen äußert, dann ist das nicht nur ungemein kenntnisreich und sympathisch. Vielmehr ist es auch das beste Argument für die "klassisch ausgestattete" CD, die ein wunderbares Medium für ein wertschätzendes Hören sein kann.

Freilich kann Bibers Musik in dieser, es sei gleich vorab gesagt, Geist und Gemüt gleichermaßen ergreifenden Einspielung den Hörer auch ohne Erläuterungen unmittelbar berühren. Doch Letzbors Ausführungen zeigen: Der hier zu erlebende Grad an interpretatorischer Souveränität und Reife, an handwerklichfer Perfektion und musikalischer Tiefe ist nicht mal eben nebenbei in einem Aufnahmestudio zu realisieren, sondern die Frucht eines musikalischen Lebens und einer blühenden musikalischen Kultur, die Menschen, Instrumente, Forschung, Zeit, Raum und Ressourcen zusammenbringt. Man vergisst bei dem allzeit verfügbaren digitalen Überangebot nur allzu oft, dass es sich bei einer guten Musikaufnahme um eine kulturelle Höchstleistung handelt.

Biber war ein Violin-Avantgardist des 17. Jahrhunderts, der die Möglichkeiten seines Instruments auf eine erste epochale Höhe trieb. Seine Rosenkransonaten komponiert er zwischen 1678 und 1687 für die Andachten der Salzburger Rosenkranzbruderschaft. Das lässt Frömmigkeit, vielleicht auch ein bisschen gediegene Langweile erwarten. Doch die christlich-katholisch grundierte Leib-Geistlichkeit des Barock ermöglicht es Biber, die Gegensätze aufs Kunstvollste und Schönste zu vereinen, um auf Erden Engelsmusik zu inszenieren und die Seele in leidenschaftliche und mystische Schwingungen zu versetzen. Hoch- und Volkskultur, Kunst und Leben, Unterhaltung und Erbauung begegnen in diesem Zyklus als selbstverständliche Einheit. Esoterik und Mystik äußern sich in unmittelbar "verständlicher", naiv-schöner Musik (die doch zugleich hochgradig ausgetüfftelt ist und vielerlei kompositorische wie spieltechnische Kunstgriffe integriert).

Bibers Geige tanzt, sie singt, spricht, sinniert, sie malt und deutet aus, sie packt und entrückt - in Klängen, Tönen, volkstümlichen Melodien, schwingenden Rhythmen, Kirchenchorälen. Sie ergeht sich in verspieltem Rankenwerk und fantasievollen Variationen. Erst durcheilt sie jubilierend den Klangraum (der in dieser Aufnahme vom offenen 8-Fuß-Prinzipal-Registers des Orgelpositivs geöffnet wird, ein wahrhaft fürstlicher Ohrenschmaus!). Dann wieder hält sie in Momenten meditativer Ruhe buchstäblich die Zeit an und stürzt in abgründige, geheimnisvolle Stillen.

In den dramatischten Momenten, in denen die Passion Christi repräsentiert wird, arbeitet sie sich, sekundiert von Zupfinstrumenten und Violone, tief in den Klangkörper vor: Mit kraftvoll-akkordischen Gesten werden die Geißelhiebe, mit denen der Körper Jesu gemartert wird, ebenso plastisch vergegenwärtigt wie die triumphalen Trompetensignale, mit denen die Auferstehungsglorie des verklärten Christusleibes beschworen wird.

Dass im Finale der peingesättigten "Kreuztragungs-Sonate" plötzlich zärtlicher "Vogelgesang" sich vernehmen lässt, wirkt da wie ein neutönerischer Schockmoment. Diese extremen Gegensätze, das Himmlische im Höllischen, das Geistliche im Leiblichen, die Erlösung im Leiden, vermochte wohl nur das Barockzeitalter auf derartige Weise zusammen zu sehen (bzw. zu hören). Und stets tanz-singt diese Musik von innen heraus, mal fein und verhalten, dann wieder ungebremst und ekstatisch. Vielleicht wäre dies eine angemessene Form der Rezeption dieser Stücke in unserer körperversessenen Zeit: Nicht andächtig stillsitzend, sondern auch äußerlich sichtbar bewegt, indem die Musik durch den ganzen Körper hindurchgeht und sich durch diesen ausdrückt. Versuche, sie auch choreographisch zu interpretieren, hat es jedenfalls schon gegeben.

Wie auch immer: Es sind Musiker wie Gunar Letzbor und seine Mitstreiter, die sich über viele Jahre in die Noten Bibers, in barockmusikalische Forschung und Praxis vertieft haben und nach einer ersten bemerkenswerten Einspielung 1996 erneut dafür sorgen, dass diese Musik die Seele des Zuhörers "temperieren" und in unterschiedliche Affektzustände versetzen kann. Es ist eine Lust, hier einfach "nur" zuzuhören, auch weil die sorgfältige Vorbereitung der Instrumente bei dieser Aufnahme für deren optimale klangliche Entfaltung und sinnliches Zusammenspiel sorgt. Wegen der von Biber geforderten komplizierten Umstimmungen der Saiten (Skordatur) und der notwendigen Ruhezeiten sind mehrere Violinen nötig, um eine solche Aufnahme in einer akzeptablen Zeit zu realisieren.

Im barocken Aufnahmeraum des Augustinerchorherrenstift St. Florian klingt das schlicht grandios, fast schon überreif und saftig. Letzbor Instrumente verfügen gleichermaßen über zärtlich verhaltene kammusikalische wie aufrauschende orchestrale Register, bleiben aber auch in den Harschheiten der Passionsschilderungen immer musikalisch. Vom dunkelen Bordeaurot bis hin zu flammenden Kupferschattierungen reicht das Spektrum der Klangfarben. Altgold mischt sich mit Erde und Mineralischem. Ein enormes dynamisches Spektrum verräumlicht die Musik gleich von Anfang an, suggeriert unterirdische Tiefen und himmlische Weiten. So assoziiert man immer wieder den Figurenschmuck und den fantasievollen Stuck barocker Kirchen und Kapellen mit ihrem dramatischen Spiel von Licht und Schatten - ein theatrum sacrum musicum.

Letzbors Begleiter von Ars Antiqua Austria bzw. dem Salzburger Lauten Consort bilden mit dem Geiger eine Einheit, hier wird nichts um der schönen Wirkung Willen "koloriert" und interessant gemacht, sondern alles aus der Bedeutung der Musik heraus entwickelt. Auch die Askese war dem Barock nicht fremd. So wirkt dieser musikalische Rosenkranz auf ganz sinnfrohe Weise auch wieder streng und erhaben, die Virtuosität ist kein Selbstzweck, sondern Ausdrucksmittel.

Die "Schutzengel-Sonate", mit dem der Zyklus schließt, ist ein Variationen-Stück für Solo-Violine, eine Passacaglia, die Letzbor selbst in den lebhaftesten Momenten als Andacht gestaltet - eine Art vertrauensvoller "Tanz der Lebens" durch alle Höhen und Tiefen, Freuden wie Leiden - im Wissen darum, dass dieses Leben allzeit getragen und behütet ist von etwas Größerem - dieses Größere schwingt und tönt nach im Raum. Und im Hörer.

Georg Henkel 
https://www.musikansich.de/review.php?id=20986

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https://www.crescendo-magazine.be/les-sonates-du-rosaire-de-biber-transcendees-par-gunar-letzbor/

Les Sonates du Rosaire
de Biber transcendées par
Gunar Letzbor



Le 19 mars 2020 par Jean Lacroix

Heinrich Ignaz Franz BIBER (1644-1704) : Rosenkrantzsonaten (Sonates du Rosaire). Ars Antiqua Austria, violon baroque et direction Gunar Letzbor. 2020. Livret en allemand et en anglais. 143 minutes. Pan Classics PC 10409 (2 CD).

Le nom de Biber mériterait d’être connu de nos compatriotes, en tout cas des habitants de notre capitale puisque la partition de sa Missa bruxellensis à 23 voix, considérée comme l’un des sommets de la polyphonie baroque, a été découverte et est conservée à la Bibliothèque Royale de Belgique. Cette œuvre magnifique est peut-être éclipsée par la Missa salisburgensis, destinée de son côté à 53 voix vocales et instrumentales. Le compositeur, auteur par ailleurs de deux Requiem et de musique sacrée, est né en Bohême, à Wartemberg (aujourd’hui Straz pod Ralskem en Tchéquie), et a suivi une formation auprès de Johann Heinrich Schmelzer (1623-1680) qui fut maître de chapelle de Léopold Ier à Vienne avant de s’établir à Prague où il mourut. Violoniste virtuose, il influença son élève Biber qui allait lui aussi devenir maître de chapelle du Prince-Evêque de Salzbourg en 1684 et être anobli par Léopold Ier. A sa mort, dans la cité du futur Mozart, son fils Carl Heinrich lui succéda. On considère qu’Heinrich Ignaz Franz Biber est l’un des premiers fondateurs de l’école austro-allemande du violon ; c’est à lui que l’on doit des changements dans l’accord des cordes, la « scordatura » qui permet, notamment par la tension des cordes, de produire des sons et des effets particuliers. A cet égard, les Sonates du rosaire, qui font l’objet du présent enregistrement, en sont une illustration parfaite.

L’importance de cette partition sur la suite de la musique baroque est considérable. On lira avec intérêt dans la notice (qui n’a pas été traduite en français, hélas) les pages écrites par Gunar Letzbor, le violon conducteur ; elles concernent le son, les instruments et la nomenclature générale de cette partition répartie en quinze sonates conclues par une passacaille, dont le manuscrit est conservé à la Bibliothèque du Land de Bavière à Munich. Composée sans doute vers 1678, elle est divisée en trois sections de « mystères » avec deux personnages centraux, Marie et Jésus : les mystères joyeux (de l’Annonciation à la présence de l’enfant Jésus au Temple), les mystères douloureux (du Jardin des Oliviers à la Crucifixion) et les mystères glorieux (de la Résurrection au Couronnement de la Vierge Marie), chaque partie comportant cinq sonates, une passacaille, nous l’avons dit, clôturant l’ensemble des quinze. Ce n’est à proprement parler une série de pièces à programme, mais plutôt des évocations sacrées, avec des mélanges de styles dans la construction : prélude, thème et variations, danse, chaconne, sarabande… L’atmosphère globale est de caractère intime, mystique, avec un art de l’élégance, de l’expression et de la finesse qui est porté au plus haut degré. Un art qui ne dédaigne pas la brillance, la vie des rythmes et la majesté du violon solo. L’audition des Sonates du rosaire relève d’un plaisir qu’on ose nommer sensuel malgré son climat religieux, car on se laisse porter par une musique d’une inventivité sans cesse renouvelée et d’un charme envoûtant.

Fondé à Linz en 1995, l’ensemble Ars Austria dirigé par Gunar Letzbor s’est spécialisé dans le répertoire baroque sur instruments d’époque. Dès 1996, il enregistrait les Sonates du rosaire pour le label Arcana. D’autres gravures de la partition de Biber sont au catalogue : Reinard Goebel avec le Musica Antiqua Köln, Eduard Melkus avec Huguette Dreyfus au clavecin (tous deux chez Archiv), ou encore Franzjosef Maier avec Konrad Junghänel au théorbe (Harmonia Mundi) ou, plus récemment, Rachel Podger (Channel Classics). Celle que Letzbor propose aujourd’hui est sans doute l’une des plus séduisantes, par la qualité de la sensibilité, l’engagement en relance permanente, la beauté du jeu violonistique, enthousiasmante, la diversité des climats et la souplesse d’archet confondante qui illumine chaque page, même la plus intense sur le plan de l’émotion, d’une lumière infinie. Letzbor magnifie la couleur, la porte souvent à l’incandescence, tout en conservant cet équilibre nécessaire qui permet à ses partenaires de s’épanouir, comme des fleurs qui s’ouvrent. Erich Traxler à l’orgue, tenu avec hauteur de vues, Jan Krigovsky au violone et Hubert Hoffmann au théorbe font merveille. On est au-delà de la complicité, on est dans le partage absolu. Pour trois sonates (IV, X et XIV), on bénéficie de l’impeccable apport du Salzburg Lute Continuo (Hubert Hoffmann, Lee Santana et Daniel Oman). Cet album magistral de deux CD, qui sert avec une infinie grandeur une des plus belles partitions de l’époque baroque, a été enregistré du 14 au 19 mai 2019 au monastère de Saint-Florian. C’est un événement discographique à ne pas manquer !
Son : 10   Livret : 10  Répertoire : 10   Interprétation : 10
Jean Lacroix 

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KLASSIK.COM 05.01.2014

https://magazin.klassik.com/reviews/reviews.cfm?
TASK=REVIEW&RECID=36085&REID=18904

Kritik von Dr. Matthias Lange, 18.05.2020

Höhenmarke

Die zweite Version von Bibers gewaltigem Sonatenwerk, von Gunar Letzbor und Ars Antiqua Austria auf höchstem interpretatorischen Niveau gespielt, reif, reflektiert und gerundet.

Der famose Geiger Gunar Letzbor und sein Ensemble Ars Antiqua Austria haben sich nach einer ersten Einspielung 1996 zum zweiten Mal die 'Rosenkranzsonaten' von Heinrich Ignaz Franz Biber vorgenommen – jenes Monument virtuoser, zugleich geistig wie geistlich durchglühter Violinkunst des Barock, das heute vielen als Höhenmarke des Repertoires wie der Instrumentalgeschichte gilt. Damals, beim Label Arcana, hatte Letzbor mit seinen Mitstreitern den Weg überaus farbiger und variantenreicher Besetzung des Basso continuo aus vormaliger Einförmigkeit gewählt und damit für die Interpretation der Biber-Sammlung eine neue Richtung der Rezeption und Ausführung eröffnet. Ein eminenter Erfolg für Letzbors erste Solo-Aufnahme, ein echter Meilenstein, der den Künstler in seinem selbstbewusst-reflektierten Ansatz deutlich bestärkt haben dürfte und der mithalf, sich den Weg durch Repertoire abseits des Mainstreams zu bahnen.
Jetzt also, nach dieser vielfarbigen Varianz, ist die zweite Version bei Pan Classics erschienen. Und sie bietet so etwas wie die Konzentration auf das Wesentliche, den gereiften Zugriff auf dieses Gipfelwerk der Violinliteratur. Und das schon in der Besetzung sehr gesammelt: Neben Letzbors Violine ist eine von Erich Traxler gespielte Orgel zu hören, dazu ein Violone, gespielt von Jan Krigovsky und Hubert Hoffmann auf einer Theorbe: Dieses bestimmende Dreieck weist freilich Besonderheiten auf.
Erlesene Könner im Ensemble
Die Orgel ist mit einem 8-Fuß-Register ausgestattet und auf diese Weise eine tatsächlich prägende Größe, zeichnet sehr deutlich, grundiert füllig und nimmt sich ganz selbstverständlich Raum, beansprucht einen sehr wesentlichen Teil der Gesamtwirkung für sich, von Erich Traxler gelassen und geduldig in dieser Funktion geführt. Hubert Hoffmanns Theorbe gliedert und umspielt, sie färbt den Klang und verleiht dem Geschehen Impulse, als gleichfalls wesentliches Element. Jan Krigovsky spielt seinen Violonen-Part sonor und angenehm füllig, zeigt sich selbstbewusst neben den anderen Instrumenten.
Dazu wird in drei der Sonaten noch eine ‚Spezialität‘ eingeführt: Das sogenannte ‚Salzburger Lautencontinuo‘, hier neben Hoffmann mit Lee Santana und Daniel Oman gewichtig besetzt. Hintergrund ist, dass in Bibers Umfeld durchaus Lauten verschiedener Größen im Einsatz gewesen sein dürften, speziell aus Salzburg bekam dieses Praxis Impulse und strahlte auf weitere kulturelle Zentren der Region aus. Nach diesem Vorbild kommen drei unterschiedlich große Lauteninstrumente zum Einsatz: Eine Colascione spielt die Basslinie, ein theorbiertes Lauteninstrument spielte akkordisch und eine kleinere improvisierte darüber eine verzierte Oberstimme. Hoffmann, Santana und Oman verleihen ‚ihren‘ Sonaten mit dieser maßvoll aufgefächerten Klanglichkeit Tiefenstruktur und delikate Substanz, veredeln den Reiz, der von der Musik ohnehin ausgeht.
Souveräner künstlerischer Kopf des Ganzen
Gunar Letzbors Spiel ist getragen von einem vollen, modulationsfähigen, oft subtil leuchtenden Ton. Technisch ist er nach Jahrzehnten reifenden Könnens über jeden Zweifel erhaben; auch Höchstschwierigkeiten sind in den Fluss integriert, wirken souverän bewältigt. Und auch solchen Passagen, denen die Ambition prägend ist, gewinnt Letzbor musikalischen Gehalt ab, meisterlich in Haltung und Ertrag. Doch bei aller auch in dieser neuen Einspielung der 'Rosenkranzsonaten' zu erlebenden Virtuosität ist es doch charakteristisch, dass Letzbor und seine Mitstreiter mögliche Extravaganzen fortlassen. Nicht Verzierungen um jeden Preis werden angestrebt oder Aufreger und Knalleffekte. Hier geht es um den Kern, um die Verinnerlichung im Angesicht der Intensität des geistigen und ästhetischen Wollens und Vermögens des Komponisten und seiner Weltsicht.
Doch muss niemand fürchten, dass wesentliche Biber-Merkmale nicht zu erleben wären: Da sind die Kontraste in den Tempi, neben ruhigem Voranschreiten Phasen eruptiver Intensität, in der die Violine kleinteilig flirrt. Auch dynamisch wird auf engstem Raum Disparates ermessen: Neben beinahe impulsloser Ruhe steht unvermittelt krachende Klangmanifestation. All das wird vom Aufnahmeort, dem Sommerrefektorium des Stiftes St. Florian, wunderbar getragen: Hochkonzentriert und gesammelt in der Wirkung ist es ein Ort, der die wunderbare Balance von Klarheit und stimmiger Disposition auf der einen sowie maßvoller räumlicher Expansion und der nur daraus entstehen könnenden Krone solcher Musik auf der anderen Seite fast magisch hält. Gunar Letzbor betont in seinem umfassenden, ebenso kundigen wie persönlich grundierten Einführungstext das mit Blick auf die Intonation Heikle des Zyklus. Und er spielt konsequent, besenreinen Wohlklang ohnehin ablehnend, mit den durch die Skordaturen der Violine bedingten Farben und Spannungen, sehr gezielt und offensiv, in dem sicheren Wissen, damit einem Ziel Bibers zu folgen. Gerade in diesem Punkt ist Letzbor in seinem Text nachdrücklich; er argumentiert umfangreich zum Klang der Violine, zum Stimmsystem der Skordaturen: Was macht das mit dem Idealklang eines Instruments, was mit dem Verhältnis zu den begleitenden Instrumenten?
Weiterung: Die Frage nach dem Glauben
Letzbor zeigt sich aber nicht nur instrumental reif und reflektiert, auch darüber hinaus ist er wissend, dabei noch immer fragend. Und er ist sich sicher: Es gibt mehr – in dieser besonderen Musik, in der Welt überhaupt –, das dem üblichen Zugriff des Verstehens und Erfassens entzogen bleibt. Die Platte ist eine Einladung, sich mit Bibers Musik auch zu diesen Themen zu positionieren. Letzbor weicht auch der Frage nach dem persönlichen Glauben des Interpreten wie des Hörers im Kontext dieser Musik nicht aus: ‚Je älter ich werde, umso überzeugter bin ich, dass nur ein gläubiger Mensch die 'Mysteriensonaten' interpretieren und in all ihren Dimensionen erfassen kann. Natürlich bietet auch die gekonnte Wiedergabe rein der Oberfläche eines Meisterwerkes einen sinnlichen Genuss. Die besondere Tiefe dieses außergewöhnlichen Kunstwerkes kann aber nur über unbewusste Kanäle (viel über die Klangfarbe) vermittelt werden. (…) Erst wenn die Seele berührt ist, kann der Interpret künstlerische Techniken einsetzen, um diese Berührtheit zu vermitteln. Ohne Sauerstoff kein Leben! Muss der Zuhörer gläubig sein? Da bin ich mir nicht sicher. Rührung ist abstrakt und wird unbewusst von der Seele des Musikers in die Seele des Zuhörers verpflanzt. Man kann sich dagegen eigentlich nicht wehren. (…) So wie man den inneren Gehalt eines Bildes nicht mit Worten beschreiben, sondern nur erfühlen kann, so wird der Gehalt der 'Mysteriensonaten' nie geistig erfasst werden können, er kann nur als mystisches Ereignis in Demut erlebt werden. Rührung vom Herz zum Herzen – ein Mysterium!‘ Nachvollziehbar ist Bibers Werk für Letzbor und seine Mitstreiter also deutlich mehr als nur großartige Musik.
Die zweite Version von Bibers gewaltigem Sonaten-Werk auf höchstem interpretatorischen Niveau, reif, reflektiert und gerundet. Eine Summe des bisherigen Weges Gunar Letzbors mit Ars Antiqua Austria? Vielleicht. Mit Sicherheit kein Schlusspunkt, sondern eine eindrucksvolle Markierung auf einem langen Höhenweg.

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PIZZICATO 07/03/2020


Andächtiges Zuhören auch für nichtreligiöse Hörer

Heinrich Ignaz Franz Biber: Rosenkranz-Sonaten (Mysterien-Sonaten) Nrn. 1-16; Gunar Letzbor, Violine, Ars Antiqua Austria, Salzburger Lauten Continuo; 2 CDs Panclassics PC 10409; Aufnahme 05/2019; Veröffentlichung 02/2020 (143) –
Rezension von Uwe Krusch

Nach 25 Jahren haben sich Gunar Letzbor und seine Freunde erneut der Rosenkranzsonaten von Biber angenommen. Mit den vielen Jahren an Erfahrung und einer intensiven neuen Auseinandersetzung mit diesen Kompositionen ist ein äußerst farbenreiches und teilweise unerwartet raues Klangbild zustande gekommen, das den Hörenden aber keine Sekunde in Langeweile und auch nicht ratlos zurücklässt.
Im informativen Beiheft erläutert der Geiger detailliert, welche Überlegungen und auch Vorbereitungen erforderlich waren, um dieses Ergebnis auch auf Seite der Voraussetzungen zu erfüllen. So behandelt er die Themen Klang, Instrumente, Stimmsystem, Aufnahme, Glaube und vierte Dimension.
Beim Klang spielt eine besondere Rolle, dass die Sonaten für skordierte Geige komponiert wurden. Das Umstimmen verträgt eine Geige nur, wenn sie mindestens 24 Stunden Zeit für die Anpassung hat. Da dieser Zeitraum wohl zu Zeiten Bibers hinsichtlich der Aufführungspraxis gegeben war, aber nicht nach heutigen Anforderungen, waren diverse Instrumente einzusetzen. Beim Thema Instrumente wird der Einsatz der Orgel statt des Cembalos ebenso näher beleuchtet wie der Einsatz von drei Violonen als Instrumente mit verschiedenen Aufgaben im Continuo statt des Cellos. Beim Stimmsystem werden die Fragen zu temperierter oder mitteltöniger Stimmung behandelt. Alle aus diesen Themen resultierenden Ansichten führt Letzbor, verkürzt gesagt, zu dem Ergebnis zusammen, dass im Vordergrund eine Praxis stehen muss, die für die jeweiligen Vor- und Nachteile Lösungen findet, die handhabbar sind und nicht streng abstrakten Lehrmeinungen gehorcht.
Diesen Kosmos, der aus dieser ernsthaften Herangehensweise in zutiefst innige Musik mündet, muss man einfach auf sich wirken lassen. Stellvertretend steht für mich der Eindruck, den die abschließende Passacaglia, oft alleinstehend, hier als 16. Sonate geführt, vermittelt. Selten oder gar nicht habe ich dieses Werk mit so viel Leichtigkeit und Eleganz gehört. Während andere eher den solistischen Charakter des Instruments darzustellen scheinen, gleitet hier der Erzengel wie eine Eule lautlos mit der himmlischen Eleganz eines Kranichs an die Ohren. Und wir verharren in Andacht, bis nach einer wohltuenden Ewigkeit die Zugabe ertönt.

After 25 years, Gunar Letzbor and friends recorded again Biber’s Rosary Sonatas. An extremely colourful and sometimes unexpectedly rough sound has been created. The violinist explains in detail what considerations and preparations were necessary. He deals with the topics of sound, instruments, vocal system, recording, belief and fourth dimension. Most important is that the sonatas were composed for chorded violins. Such a violin can only be retuned if it has at least 24 hours to adjust. This was probably possible at Biber’s time, but not today. So, for the recording, various instruments had to be used. Letzbor, to put it in a nutshell, brings all the views resulting from these topics together to the conclusion that the focus must be on a practice that finds solutions for the respective advantages and disadvantages, that are manageable and do not necessarily obey strictly abstract doctrines. This serious approach allowed the musicians to create a deeply intimate music. Let me just pick one example: I have never heard the Passacaglia with so much lightness and elegance. It’s just magic!

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BR KLASSIK 15/03/2020

KOSTPROBE | 15.03.2020
BIBER - ROSENKRANZSONATEN

von Wolfgang Schicker

Sie gehören zu den faszinierendsten Werken der Violinliteratur: die Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber. Der Geiger Gunar Letzbor und sein Ensemble Ars Antiqua Austria haben den Zyklus neu eingespielt.

Freude - Leid - Triumph: Das ist der thematische Dreiklang und der dramatische Spannungsbogen der Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber. In der Konzeption ähnlich dem "Messias" von Händel beschäftigt sich Biber in seinem Zyklus für Violine und Basso continuo mit dem Weg und dem Wirken Jesu von der Geburt über den Tod zur Erlösung.

GROSSARTIGE KLANGGEMÄLDE
Der Geiger Gunar Letzbor hat mit der Continuo-Sektion seines Ensembles Ars Antiqua Austria nun eine neue Gesamtaufnahme der Rosenkranzsonaten auf zwei CDs vorgelegt. Für ihn ist das ein besonderes Projekt - denn 1996 feierte Letzbor mit seiner ersten Aufnahme des Zyklus ein äußerst erfolgreiches Solo-Debüt.
Der Erfahrungsschatz ist nun reicher, doch kommt es Letzbor heute wie damals vor allem auf die Unmittelbarkeit der Interpretation an. Er scheut sich nicht, Bibers Klanggemälde ungeschönt auszuleuchten. So ist etwa der Schlusssatz der Sonate "Jesus, der für uns gegeißelt worden ist" auch eine Geißelung für die Ohren - man kann die Peitschenhiebe und ihre Gewalt geradezu nachfühlen. Letzbor setzt aber nicht nur auf äußerliche Effekte, sondern dringt auch tief in die seelische Dimension des Leidens ein, verdeutlicht die inneren Wunden der Schläge.

VIELFÄLTIGE KLANGFARBEN
Neben dem Solisten müssen auch die Continuo-Spieler hervorgehoben werden. Sie sorgen mit der Vielfalt ihrer Instrumente - von der Laute über die chitarra attiorbata bis zur Orgel - für einen ungeahnten Reichtum an Klangfarben.
Vermutlich spielte Biber, Vizekapellmeister des Salzburger Erzbischofs, die Sonaten einzeln bei den Andachten der Rosenkranz-Bruderschaft in der damals neu errichteten Wallfahrtskirche Maria Plain. Für Gunar Letzbor sind die religiös-mystischen Wurzeln der Rosenkranzsonaten nicht nur historisches Faktum, mit dem man umgehen muss, sondern persönliches Anliegen. Er sei nur deshalb fähig, die tiefsten Schichten dieser Musik auszuloten, weil er selbst gläubig sei, betont der Geiger im Booklet. Der Gehalt der Mysteriensonaten könne nicht geistig erfasst werden, sondern nur als mystisches Ereignis in Demut erlebt werden: durch Rührung vom Herzen zum Herzen.

HEINRICH IGNAZ FRANZ BIBER – ROSENKRANZSONATEN
Gunar Letzbor, Violine;
Ars Antiqua Austria
Label: Pan Classics
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 15. März 2020, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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https://oe1.orf.at/programm/20200410/594923/Rosenkranz

Sendereihe: Des Cis 10.04.2020
Gestaltung: Hans Georg Nicklaus

Rosenkranz
mit Hans Georg Nicklaus

Nach 20 Jahren hat Gunar Letzbor mit Ars Antiqua Austria und dem Salzburg Lute Continuo Bibers Rosenkranzsonaten ein zweites Mal aufgenommen.

Warum das? Sie waren - wie Letzbor selbst schreibt - "jung, gerade mit dem Studium fertig und entdeckungsfreudig". Damals in Hallstatt 1996, als Gunar Letzbor gemeinsam mit dem Gambisten Lorenz Duftschmid sowie Wolfgang Zerer, Wolfgang Glüxam und Axel Wolf zusammenkam, um Heinrich I. F. Bibers Rosenkranzsonaten aufzunehmen. 

15 Sonaten auf die Geheimnisse des freudenreichen, schmerzhaften und glorreichen Rosenkranzes, plus einer abschließenden Solo-Passacaglia - ein einzigartiges Werk des Barock, ja der Musikgeschichte überhaupt. Einzigartig und mysteriös: die Geige muss während der Stücke mehrmals umgestimmt werden, Biber fordert unterschiedliche Stimmung der leeren Saiten (Skordatur).

Letzbor beschreibt die Situation der Aufnahme damals in Hallstatt als ideal, der Erfolg seiner Aufnahme war überwältigend, bis heute ist diese Aufnahme der Rosenkranzsonaten eine der wichtigsten, und (für mich) die ausdrucksstärkste und konsequenteste.

Warum also jetzt alles noch einmal aufnehmen, mit neuem und größerem Ensemble? Die Sologeige klingt dazu vergleichsweise grazil, der Gesamtklang hat einen kräftigen, aber natürlichen Hall. Alles in allem: das Gegenteil des bassverstärkten Vollsound-Pop-Barocks, den auch schätzenswerte Barockensembles manchmal anschlagen, vielleicht um den Hörgewohnheiten eines breiten Publikums entgegenzukommen. Hier hingegen zarte Bässe, überhaupt ein subtil differenziertes Continuo, für das sich der Geiger manchmal gänzlich zurücknimmt, dann aber auch herausbricht mit den bekannten, unnachahmlichen Letzbor'schen Geräuschen, Kratzern, Schlägen - als wollte er uns zurufen: Es ist barock, meine Damen und Herren, kein Tralala, und hier stirbt und aufersteht Jesus Christus!

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SWR2 - 5. März 2020

Alte Musik - Neue CDs
Vorgestellt von Bettina Winkler

Sendung: 5. März 2020
Produktion: März 2020

Gunar Letzbor und Ars Antiqua Austria mit der ersten der 15 Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber „Jesus, den du, o Jungfrau vom Heiligen Geist empfangen hast“. Hoch expressiv nähern sich Solist und Ensemble diesem Repertoire, das für jeden Geiger eine große Herausforderung darstellt. Dreimal fünf Sonaten gehören zu diesem Zyklus, unterteilt in die Geheimnisse des freudenreichen, des schmerzhaften und des glorreichen Rosenkranzes. Dazu kommt noch die abschließende Schutzengel-Passcaglia. Für jede Sonate muss die Violine umgestimmt werden, diese Skordatur verleiht dem Instrument immer wieder einen anderen Grundklang. Gunar Letzbor hat bei dieser Aufnahme verschiedene Geigen verwendet, denn eigentlich benötigt ein Instrument etwa einen Tag, um sich an die neuen Spannungsverhältnisse der Saiten zu gewöhnen. Dazu haben sich die Musiker beim Continuo für eine Truhenorgel mit genügend großem Ton-Umfang entschieden. In Salzburg, Bibers Heimat, gab es damals auch ein spezielles Lauten-Continuo – auch diese Besetzung wählt Gunar Letzbor bei drei Sonaten, ein ganz besonderes Klangerlebnis, vor allem weil die Instrumente mit Darmsaiten bespannt sind. Hier ein Ausschnitt aus Bibers vierter Rosenkranz-Sonate „Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel geopfert hast“, eine Ciacona, bei der das Thema immer wieder variiert wird.

Heinrich Ignaz Franz Bibers vierte Rosenkranz-Sonate mit dem Geiger Gunar Letzbor und dem Salzburger Lauten Continuo, bestehend aus Hubert Hoffmann, Lee Santana und Daniel Oman. Bei drei der Rosenkranz-Sonaten hat sich Gunar Letzbor für diese Begleitvariante entschieden, eine absolute Bereicherung. Erschienen ist seine Aufnahme gerade beim Label Pan Classics. Und falls Sie wie ich ein Fan dieser Musik sind, haben Sie vielleicht auch noch die alte CD von 1996 im Schrank, erschienen bei Arcana – ein Vergleich lohnt sich. Sie hat ihre Qualitäten und setzte damals Maßstäbe. Das gilt nun auch für die aktuelle Einspielung, die mich begeistert hat.

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