OÖ NACHRICHTEN 4. JUNI 2005
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ST. FLORIAN: Gunar Letzbor begeisterte bei „fiori musicali" In absoluter Meisterschaft
VON MICHAEL WRUSS

Musik für Solovioline war am Donnerstag im Rahmen der Fiori-Musicali-Reihe im Sommerrefektorium des Stifts St. Florian zu erleben. Gunar Letzbor erwies sich dabei wieder als Geiger, der ohne Starallüren an die musikalischen Kostbarkeiten herangeht. Er macht dabei die oft enormen technischen Schwierigkeiten vergessen.
Schon der „Einführungsvortrag", vier kleine Stücke eines erst unlängst entdeckten Lehrwerks für die Geige (Nogueira Manuscript), zeigte, auf welch mannigfaltige Art man die Geige zum mehrstimmigen Musizieren bringen kann. Über eine Suite des einstigen Dresdner Stargeigers Johann Paus Westhoff (1656-1705), die das Tanzkorsett noch ziemlich streng interpretierte, kam er zum großen, aber komplett vergessenen Geigenmeister aus Österreich, Johann Joseph Vilsmayr (1663-1722). Tanzsätze subtil stilisiert, mit faszinierenden Echowirkungen (Gigue). Arien mit höchst brillanten Variationen ausgestattet.

Klar strukturiert

Genauso Prachtvoll musiziert die ebenfalls kaum gespielten Fantasien Telemanns, die bereits auf Bachs Solowerk aufbauen, von dem die berühmte d-Moll-Partita dann auch den Schluss bildete.
Hier zeigte sich die absolute Meisterschaft Letzbors. Er wusste die höchst komplizierten polyphonen Strukturen plausibel zu entschlüsseln. Tauchte diesen Kosmos intellektueller Schönheit auch mit seinem edlen Instrument in vielschichtig abgetönte Klangfarben. Die große Chaconne - nach neuesten Forschungen ein Werk, das Telemanns Trauer über die verstorbene Gattin ausdrücken soll - war noch selten so klar strukturiert und derart sicher in Intonation und Laufwerk zu erleben. Heftiger Applaus.